F. Schneider (ed): Psychiatry under National Socialism – Remembrance and Responsibility
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Am 26. November 2010 erhoben sich im großen Saal des Internationalen Congress Centrums in Berlin rund 3.000 Psychiaterinnen und Psychiater, um für eineMinute zu schweigen. Was sie zuvor gehört hatten, war zutiefst beeindruckend und blieb für die Anwesenden unvergesslich. Prof. Frank Schneider, der Präsident der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), bat bei den Psychiatrie-Opfern und deren Angehörigen aus der Zeit des Nationalsozialismus in einem Ausmaß um Verzeihung, wie wohl nur wenige deutsche Ärzte zuvor. Er sprach von Scham, von einer fast 70 Jahre andauernden Sprachlosigkeit und von der Bitte um Verzeihung, die viel zu spät komme. Für diese Formulierungen gab es leider allen Grund. Das beschriebene ethische Versagen und die Verbrechen von Psychiatern während des „Dritten Reiches“mögen denmeisten Zuhörern noch in Grundzügen bekannt gewesen sein und waren erschreckend genug. Doch darauf folgte eine detaillierte Beschreibung des „zweiten Verbrechens“ der Nachkriegsjahre, die sich bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts verfolgen ließen. Nach Jahren psychiatrisch verordneter und durchgeführter Zwangssterilisierungen, der mörderischen „Euthanasie“-Tötungsaktion an Kindern, Erwachsenen und altenMenschen, unerlaubter eugenischer und rassenhygienischer Forschung an psychisch kranken Patienten und der erzwungenen Zwangsemigration oder Tötung von jüdischen Psychiatern war das dunkle Kapitel Psychiatriegeschichte mit dem Kriegsende nun eben gerade nicht vorbei. Die folgenden Jahrzehnte waren geprägt von personellen Kontinuitäten, (inklusive der Ehrenmitgliedschaften der DGPPN für 2 Gutachter der „Euthanasie“-Aktion), der Leugnung der Tatbeteiligung und fehlenden Anerkennung der Schuld. Bis heute sind die Opfer von der damaligen Bundesrepublik nicht ausdrücklich als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung anerkannt, was zu ausbleibenden Entschädigungen führt. Auch an dieser Entscheidung sind Psychiater mitbeteiligt gewesen. Die institutionelle und persönliche Schuld und Verstrickung der Psychiater und ihrer Fachgesellschaft (inklusive des damaligen Präsidenten) wurde von Prof. Schneider im Detail eingestanden und an erschreckenden Beispielen aufgezeigt. So endete die Ansprache folgerichtig in einemumfassendemSchuldeingeständnis und einer offiziellen Entschuldigung bei allen Opfern der Verbrechen und ihren Angehörigen. In einem zweiten Teil der Veranstaltung wurde versucht die Opfer zuWort kommen lassen, was wegen des langen Abstandes zu den historischen Ereignissen nur noch indirekt möglich war, indem Angehörige zu Wort kamen. So berichtete ein Sohn eines aus Dessau nach Israel emigrierten Psychiaters, wie sein Vater dort unter schwersten Bedingungen eine neuropsychiatrische Klinik aufbaute und den schwer depressiv erkrankten libanesischen Regierungschef mit Elektrokrampftherapie so erfolgreich behandeln konnte, dass dieser Anfang 1945 die Kriegserklärung des Libanons an dasDeutscheReich unterzeichnen konnte. Der insgesamt wohl beeindruckendste Redebeitrag stammte von einer Nichte einer zwangssterilisierten und schließlich ermordeten Psychiatrie-Patientin, die aus persönlicher, naturgemäß hoch emotionaler Sicht ihre familiäre Spurensuche und den kurzen Lebensweg ihrer psychisch kranken Tante (Ermordung mit 24 Jahren) aufzeigte und diesen mit nachdenkenswerten Appellen
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