"Interaktive Mehrzieloptimierung" am Beispiel der Softwarelösung fodjan

نویسندگان

  • Carsten Gieseler
  • Johannes Völker
  • Michael Schütze
  • Paul Völker
چکیده

Als Ausgründungsprojekt der HTW Dresden wird mit fodjan eine webbasierte Fütterungssoftware für die Milchviehhaltung entwickelt, welche erstmals direkt die Futtergesundheit in die Kalkulation mit einbezieht. Gleichzeitig wird ein umfassender Überblick zu den verschiedenen Möglichkeiten der Futtermittelzusammenstellung gegeben. Der Anwender wird somit in der Lage sein, die beiden großen Ziele hohe Tiergesundheit und niedrige Kosten parallel zu verfolgen. Die Software fodjan erleichtert die Futterrationsberechnung erheblich und sorgt zusätzlich für einen besseren Ressourceneinsatz. 1 Einleitung und Zielsetzung Zur Fütterung von Milchkühen stehen dem Landwirt am Markt unzählige Futtermittel zur Verfügung, welche ca. 160 ernährungsbedingte Anforderungen der Tiere erfüllen müssen. Stark schwankende Rohstoffpreise sowie unterschiedliche Rohstoffqualitäten, bei teilweise begrenzter Verfügbarkeit der Rohstoffe machen die Futterkalkulation zu einer sehr komplexen Aufgabe. Mit der internetbasierten Softwarelösung fodjan soll die Komplexität der Futterkalkulation, für den Anwender, deutlich verringert werden. Neben dem Ziel geringer Futterkosten, fließt zusätzlich der Anspruch einer möglichst gesunden Futtermischung in die Berechnung ein. Die Umsetzung erfolgt mit dem, vom Autorenteam entwickelten, Konzept der interaktiven Mehrzieloptimierung. 2 Interaktive Mehrzieloptimierung Der Prozess des Optimierens umfasst aus mathematischer Sicht die Schritte: Auswahl eines zur Realität passenden Optimierungsalgorithmus (z.B. LP); Aufstellen von Nebenbedingungen, welche die Realität möglichst gut abbilden; Optimierung; Bewertung der Lösung und Anpassung der Nebenbedingungen Dieser Kreislauf wiederholt sich so oft, bis die Lösung der Bewertung des Anwenders Stand hält oder dieser die Optimierung abbricht. Mit den Nebenbedingungen werden die Kanten des Lösungsraumes beschrieben. Diese werden in den folgenden Schritten anhand der errechneten Lösung (z.B. der kostenminimalen Kombination von Futtermitteln) angepasst. Es stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage der Anwender die Nebenbedingungen für das komplexe biologische System Milchkuh, erstellt. Oder warum eine Lösung als nicht verwendbar eingestuft wird. Der Anwender bezieht seine Bewertung auf Lehrbuchwissen und wissenschaftliche Versuchsergebnisse, aber auch auf implizites Erfahrungswissen, welches über die Intuition des Anwenders in die Bewertung einfließt. BERNE beschreibt Intuition wie folgt: „Eine Intuition ist Wissen, das auf Erfahrungen beruht und durch direkten Kontakt mit dem Wahrgenommenen erworben wird, ohne dass der intuitiv Wahrnehmende sich oder anderen genau erklären kann, wie er zu der Schlussfolgerung gekommen ist“ [BE05] Um das schwer greifbare, intuitive Erfahrungswissen des Anwenders auszunutzen, setzt das Autorenteam auf Interaktivität. Dafür errechnet die Software mehrere Tausend Futtermischungen innerhalb der vorgegeben Grenzen des Betriebes. Diese kann der Anwender, in einer sogenannten Futterkarte, nach verschiedensten Eigenschaften sortieren und filtern. Durch die dabei entstehenden Wechselwirkungen zwischen Mensch und Computer, kann das intuitive Wissen des Anwenders leicht in die Kalkulation einfließen. In Abb. 1 ist eine Futterkarte, basierend auf 11 Futtermitteln, dargestellt. Aus Platzgründen werden nur einige wenige Eigenschaften dargestellt. Der Nutzer kann in der Software weitere Eigenschaften und Futtermittel anzeigen. Abbildung 1: Übersicht über mögliche Futtermischungen anhand einer Futterkarte eine Futtermischung Die Futtergesundheitsbewertung (FGB) ist die Ausgabe des in fodjan implementierten Fuzzy-Systems. Ein hoher Wert steht für eine sehr gesunde Futtermischung. Eine FGB von 0 steht für eine grenzwertige, aber gerade noch gesunde Futtermischung. In der dargestellten Futterkarte erhält der Anwender unter anderem die Informationen, wie sich die FGB in Abhängigkeit zu den Futterkosten entwickelt. Auf Grundlage der eigenen Erfahrung kann daraufhin z.B. entschieden werden, wie viel Mehrkosten zur Steigerung der fütterungsbedingten Tiergesundheit akzeptabel sind. Durch die interaktiven Filterund Sortierelemente der Futterkarte kann dies ohne tiefgehende mathematische Kenntnisse des Nutzers erfolgen. 3 Programmfunktionen Zur Berechnung des gesamten Lösungsraumes werden speziell angepasste Branch-andBound Algorithmen eingesetzt. Diese werden parallelisiert auf Grafikkartenclustern ausgeführt. Der momentane Entwicklungsstand erlaubt Lösungsräume für ca. 20 Futtermittel zu berechnen. Es ist geplant die Leistungsfähigkeit, durch den Einsatz von evolutionären Algorithmen, weiter zu steigern. Das Fuzzy-System zur Erstellung der Futtergesundheitsbewertung besteht aus zwei Untersystemen. Die Wissensbasis des ersten Systems basiert auf einem Semantischen Netz, welches mit Lehrbuchwissen und aktuellen wissenschaftliche Veröffentlichungen aufgebaut wurde. Das Semantische Netz (Abb. 2) hat die Aufgabe, die Erstellung der Wissensbasis für das zweite System zu unterstützen, welches mit Fuzzy-Mengen arbeitet. Abbildung 2: Semantisches Netz Bedingt durch die Anpassungsfähigkeit der Milchkuh ist das Wissen zur Milchviehfütterung oft unscharf formuliert. So gibt SPIEKERS die Empfehlung, ein langfristiges Energiedefizit nach der Kalbung zu vermeiden [SP09], DROCHNER empfiehlt den Milchkühen in der Trockenstehzeit wenn möglich nicht über 30g Ca/ Tier und Tag zu füttern [DR08] und SCHWARZ argumentiert dafür, die ruminale Stickstoffbilanz langfristig ausgeglichen zu halten [SC11]. Um diese Unschärfe in der Software abzubilden, wurde Fuzzylogik eingesetzt. In Abb ist das System schematisch dargestellt. Gemeinsam mit Fütterungsexperten werden die Veröffentlichungen aus dem Semantischen Netz zu Fuzzy-Mengen zusammengefasst. Die Zugehörigkeit zur FuzzyMenge definiert sich dabei mit <0% als ungesund und 100% als optimale oder zu 100% empfohlene Versorgungsstufe. Abb. 3: Fuzzylogik innerhalb des Expertensystems am Beispiel des Energiebedarfs einer Milchkuh Zur Auswertung der im Lösungsraum vorhandenen Futterrationen werden die FuzzyMengen mit dem MIN-Operator verknüpft. Die am wenigsten durch die Futterration erfüllte Empfehlung, bestimmt die FGB der gesamten Ration. Der Nutzer kann den zugrundeliegenden Rechenweg einer speziellen FGB jederzeit einsehen und die Wissensbasis bei Bedarf an seine Erfahrungen anpassen. 4 Entwicklungsstand und Ausblick Die Software fodjan befindet sich in der Betaphase. Zurzeit wird mit verschiedenen Pilotkunden (Milchviehbetriebe, Berater und Tierärzte) die Nutzerfreundlichkeit und Funktionsweise weiter verbessert. Da die Software webbasiert angeboten werden soll, kann die Wissensbasis des Expertensystems kontinuierlich auf dem neusten Stand gehalten werden. Zusätzlich bietet sich in Zukunft auch die Möglichkeit, das Erfahrungswissen der Landwirte betriebsübergreifend stärker in das Fuzzy-System einzubinden. Durch fodjan soll es auch für Landwirte mit wenig Fütterungserfahrung möglich werden, sowohl kostengünstige als auch gesunde Futterrationen zu berechnen. Literaturverzeichnis [BE05 Berne E., Hagehülsmann H. 2005. Transaktionsanalyse der Intuition : ein Beitrag zur Ich-Psychologie. Paderborn : Junfermann, 1991. S. 36 [DR08] Drochner, W. 2008. Fütterung der Rinder. In: Jeroch, H.; W. Drochner O. Simon:. Ernährung landwirtschaftlicher Nutztiere. Stuttgart : Ulmer, 2008. S. 445 [SC11] Schwarz, F. 2011. Rinderfütterung. In: Kirchgeßner: Tierernährung.13. Aufl., Frankfurt am Main: DLG Verlag, 2008. S. 357 [SP09] Spiekers, Nußbaum, Potthast. 2009. Erfolgreiche Milchviehfütterung. Frankfurt am Main: DLG Verlag, 2009. S. 238

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تاریخ انتشار 2014